Vita

Der Rahmenmann

Wie so viele andere Menschen habe ich mich bereits in frühester Kindheit mit dem Fahrradvirus infiziert. Ich blicke auf eine Reihe wirklich schöner Räder zurück, die sich im Laufe der Jahre in meinem Besitz befunden haben, unter anderem ein Bonanza-Rad original aus dem Jahr 1974, ein wunderschönes Tourensportrad der Marke „Europa“ (das bedeutet auf die heutige Zeit übertragen in etwa, das Rad wurde auf billigstem Wege massengefertigt und über eine Supermarktkette oder einen Spielzeugladen an den Endverbraucher vertrieben) sowie viele andere geliebte Fahrzeuge. Doch immer war mir das jeweilige Rad nicht genug, wie es war, es musste verändert, verschönert, modifiziert werden. Auch trieb mich die Neugier dazu, bereits als Teenie immer wieder diese Räder auseinanderzunehmen, auszuweiden und mich mit den Innereien zu befassen.

Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärtsbewegen um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.

Albert Einstein

Während all dieser Zeit hat mich das Anfertigen von Fahrradrahmen immer am meisten fasziniert

Lehrjahre und Herrenjahre

Bei all dieser Beschäftigung mit Fahrrädern und ihren Eingeweiden sollte mich mein Berufsweg jedoch zunächst in eine völlig andere Richtung treiben. Nach der Schule nahm ich das Studium der Germanistik und Philosophie auf, und über viele Jahre war ich an der RUB in Bochum eingeschrieben, brachte das Studium jedoch nie zu einem Ende.

Je länger ich die Bänke der Hörsäle drückte, umso klarer wude mir, dass mich die geistige Arbeit auf Dauer nicht befriedigen würde. Ich wollte greifbare Ergebnisse fertigen, mit den Händen arbeiten. So verdingte ich mich während des Studiums als Aushilfsschrauber in dem Fahrradgeschäft, dessen Anteilseigner ich heute zu sein die Ehre und das Vergnügen habe. So wurde mir schnell klar, dass diese Art des Arbeitens mich viel glücklicher machte als die reine Kopfarbeit an der Uni.

Im Laufe der nächsten Jahre absolvierte ich neben der Arbeit bei Balance meine Ausbildung zum Zweiradmechaniker; Anfang 2012 habe ich in Frankfurt auf der Bundesfachschule meinen Meisterbrief erworben.

Während all dieser Zeit hat mich das Anfertigen von Fahrradrahmen immer am meisten fasziniert. Zu Beginn des neuen Jahrtausends begann ich, viel darüber zu lesen und mich nach einer geeigneten Aus- oder Weiterbildung umzusehen. Doch sowohl in Deutschland als auch in anderen europäischen Ländern gab es im eigentlichen Sinne keine Ausbildung zum Rahmenbauer. Diejenigen, mit denen ich sprach, verwiesen mich auf ihre eigene Ausbildung im Metallhandwerk, sowie auf den Umstand, dass die meisten von ihnen das Bauen von Fahrradrahmen wohl bereits mit der Muttermilch aufgesogen hätten.

Der Aufbruch

Durch derlei Äußerungen einigermaßen entmutigt verwarf ich diesen Berufswunsch zunächst wieder, oder vielmehr ich vergrub ihn weiter hinten in den Tiefen meiner Wunschkammer, um ihn später wieder hervorzuholen.

Ein Internetforum war es, das mich einige Jahre später dazu ermutigte, die Dinge nun selbst in die Hand zu nehmen und mich autodidaktisch dem Rahmenbau zu nähern: das „Eingangradforum“ eine Art Mikrokosmos für Fahrradneurotiker, Klugscheißer und andere wunderliche Pedalexperten. So fertigte ich meinen ersten Fahrradrahmen nach verschiedenen Anweisungen, Ratschlägen und mit viel Forumshilfe, und ich darf sagen, dass dieser erste mir wohlgeraten ist.

Noch heute begleitet mich dieses Rad auf meinen Alltagswegen. Nach verschiedenen anderen Projekten vertiefte ich mein Wissen bei einem Rahmenbaukurs in Frankfurt bei Dietmar Hertel. Ein halbes Jahr später besuchte ich ebendort die Meisterschule, wobei ich mich ausgiebig mit den verschiedenen Fügetechniken im Fahrradrahmenbau befasst habe.